
Welche Häuser müssen bis 2030 saniert werden?
Was steckt hinter dem Gerücht?
Immer wieder geistert die Behauptung durch Medien und soziale Netzwerke, dass alle Wohnhäuser in Deutschland bis 2030 energetisch saniert werden müssen. Dieses Gerücht hat viele Eigentümer verunsichert, denn eine umfassende Modernisierung bedeutet oft hohe Kosten, organisatorischen Aufwand und möglicherweise Einschränkungen im Alltag. Der Ursprung dieser Fehlinformation liegt in frühen Entwürfen der neuen EU-Gebäuderichtlinie („Energy Performance of Buildings Directive“, EPBD), die 2024 verabschiedet wurde. In diesen Entwürfen war tatsächlich vorgesehen, dass alle Wohngebäude bis zu einem bestimmten Stichtag eine festgelegte Effizienzklasse erreichen sollten. Diese starre Verpflichtung wurde jedoch in der finalen Fassung gestrichen. Stattdessen setzt die EU nun auf flexible, nationale Sanierungsfahrpläne.
Das bedeutet: Nicht jedes Wohnhaus muss bis 2030 saniert sein. Vielmehr müssen die Mitgliedstaaten im Durchschnitt deutliche Verbesserungen der Energieeffizienz erzielen. Deutschland wird diese Ziele durch Förderprogramme, gezielte Maßnahmen für besonders ineffiziente Gebäude und öffentliche Informationskampagnen umsetzen. Für Eigentümer heißt das: Es besteht keine akute Pflicht, wenn nicht ohnehin eine Sanierung geplant ist. Dennoch ist es sinnvoll, sich jetzt mit möglichen Modernisierungen zu beschäftigen, nicht zuletzt, um langfristig Energiekosten zu senken und Fördermittel optimal zu nutzen.
Mindeststandards für Nichtwohngebäude: Verbindliche Vorgaben bis 2030 und 2033
Während Wohngebäude keinen individuellen Sanierungszwang bis 2030 haben, sieht die EPBD für Nichtwohngebäude verbindliche Mindestenergieeffizienzstandards (Minimum Energy Performance Standards, MEPS) vor. Diese betreffen beispielsweise Bürohäuser, Schulen, Verwaltungsbauten, Lager- oder Industriehallen. Konkret müssen bis 2030 die 16 % energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude auf ein besseres Niveau gebracht werden. Bis 2033 steigt dieser Anteil auf 26 %. Die Einstufung erfolgt anhand nationaler Energieausweise, sodass die konkreten Grenzwerte von Land zu Land unterschiedlich sind. In Deutschland werden vor allem alte, schlecht gedämmte Gewerbebauten und Verwaltungsgebäude im Fokus stehen.
Ziel dieser Maßnahme ist es, bei den größten Energieverbrauchern schnell die größten Einsparungen zu erzielen. Für Eigentümer solcher Immobilien ist es ratsam, Sanierungen frühzeitig zu planen, um die gesetzlichen Fristen einzuhalten und gleichzeitig von Förderprogrammen und eventuell steuerlichen Vorteilen zu profitieren. Wer jetzt handelt, kann Kostensteigerungen bei Material und Handwerksleistungen umgehen. Die MEPS sind dabei nicht als Verbot zu verstehen, unsanierte Gebäude weiter zu nutzen, sondern als gesetzliche Verpflichtung, bestimmte Mindeststandards bis zu den genannten Terminen zu erfüllen. Damit wird sichergestellt, dass der Gebäudebestand im Nichtwohnsektor kontinuierlich energieeffizienter wird.
Nationale Ziele für Wohngebäude: Verbrauchsreduktion bis 2035
Auch wenn für einzelne Wohngebäude keine starren Sanierungspflichten bestehen, hat die EPBD ehrgeizige Ziele für den gesamten Bestand festgelegt. Deutschland muss den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch aller Wohngebäude bis 2030 um 16 % senken, gemessen am Stand von 2020. Bis 2035 soll die Reduktion 20 bis 22 % betragen. Besonders wichtig: Mindestens 55 % dieser Einsparung müssen durch die Modernisierung der energetisch schlechtesten Gebäude erreicht werden.
Im Fokus stehen also Altbauten mit hohem Energiebedarf, oft mit schlechter Dämmung und veralteten Heizsystemen. Hier wird Deutschland voraussichtlich gezielte Förderungen einsetzen, beispielsweise Zuschüsse für Wärmedämmung, Fenstertausch oder den Einbau moderner Heizungen. Für Eigentümer solcher Gebäude ist es klug, Sanierungsmaßnahmen nicht auf die lange Bank zu schieben. Zum einen werden Förderprogramme erfahrungsgemäß attraktiver, wenn politischer Druck steigt. Zum anderen sinken nach einer Modernisierung sofort die Energiekosten, was gerade bei steigenden Preisen für Gas und Strom ein entscheidender Vorteil ist. Wichtig ist: Diese nationalen Ziele betreffen den Durchschnitt des gesamten Gebäudebestands, nicht jeden Eigentümer gleichermaßen. Dennoch sollte man sie als Hinweis verstehen, dass der Modernisierungsdruck auf ineffiziente Wohngebäude in den kommenden Jahren zunehmen wird.
Ausnahmen: Diese Gebäude sind von den EU-Vorgaben befreit
Die EU-Richtlinie erkennt an, dass es Fälle gibt, in denen energetische Sanierungen entweder technisch schwierig, wirtschaftlich unzumutbar oder aus Gründen des Denkmalschutzes nicht sinnvoll sind. Deshalb können Mitgliedstaaten bestimmte Gebäudearten von den Anforderungen ausnehmen. Dazu zählen denkmalgeschützte Gebäude, bei denen bauliche Veränderungen das historische Erscheinungsbild stark beeinträchtigen würden. Ebenfalls befreit sind Gebäude mit spezieller Nutzung wie Kirchen, Moscheen oder militärische Bauten.
Auch Ferienhäuser und Wochenendhäuser, die nur gelegentlich bewohnt werden, fallen nicht unter die strengen Effizienzvorgaben, da ihr absoluter Energieverbrauch gering ist. Ebenso ausgenommen sind sehr kleine Gebäude mit weniger als 50 m² Nutzfläche, etwa Gartenhäuser oder kleine Schuppen. Landwirtschaftlich genutzte Gebäude ohne Wohnnutzung, wie Ställe oder Scheunen, können ebenfalls befreit werden. In Deutschland wird die konkrete Umsetzung dieser Ausnahmen noch gesetzlich geregelt, orientiert sich aber voraussichtlich an den genannten Kategorien. Für Eigentümer bedeutet das: Wer ein solches Objekt besitzt, muss keine umfangreichen Sanierungen befürchten, kann aber freiwillig in energetische Verbesserungen investieren, oft mit überschaubarem Aufwand und spürbarem Nutzen.
Bereits geltende Pflichten nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Neben den neuen EU-Vorgaben gelten in Deutschland schon heute verbindliche energetische Nachrüstpflichten nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Diese betreffen vor allem ältere Heizungsanlagen und die Wärmedämmung bestimmter Gebäudeteile. So müssen Öl- und Gasheizkessel, die älter als 30 Jahre sind, außer Betrieb genommen und durch moderne Anlagen ersetzt werden. Ausnahmen gelten nur für bestimmte Brennwert- und Niedertemperaturkessel oder bei langjähriger Selbstnutzung in Ein- und Zweifamilienhäusern.
Außerdem müssen ungedämmte oberste Geschossdecken zu unbeheizten Dachräumen oder alternativ das Dach selbst gedämmt werden. Ungedämmte Heizungs- und Warmwasserrohre in unbeheizten Räumen wie Kellern sind ebenfalls nachträglich zu isolieren. Ab Mitte 2026 (in Großstädten) beziehungsweise 2028 (bundesweit) gilt zudem, dass neu eingebaute Heizungen mindestens 65 % erneuerbare Energien nutzen müssen. Diese Regel betrifft zwar nicht bestehende, funktionierende Anlagen, greift aber beim Austausch oder bei irreparablen Defekten. Eigentümer sollten diese Pflichten kennen, um Bußgelder zu vermeiden und Sanierungen rechtzeitig einzuplanen. Oft lassen sich diese Maßnahmen mit Förderprogrammen kombinieren, sodass sich Investitionen schneller amortisieren.
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Warum sich freiwillige Sanierungen lohnen
Auch ohne unmittelbaren gesetzlichen Zwang bringt eine energetische Sanierung zahlreiche Vorteile. Eine bessere Wärmedämmung und effiziente Heiztechnik senken dauerhaft die Energiekosten und reduzieren die Abhängigkeit von schwankenden Energiepreisen. Gleichzeitig verbessert sich der Wohnkomfort: Räume bleiben im Winter länger warm und heizen sich im Sommer weniger auf. Hinzu kommt, dass energetisch modernisierte Gebäude auf dem Immobilienmarkt gefragter sind und oft einen höheren Verkaufswert erzielen.
Staatliche Zuschüsse, günstige Kredite und steuerliche Absetzbarkeit machen Sanierungen finanziell attraktiver. Darüber hinaus leisten Eigentümer einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und zur CO₂-Reduktion. Wer frühzeitig handelt, kann Förderprogramme optimal ausschöpfen und die Maßnahmen in einem individuellen Sanierungsfahrplan schrittweise umsetzen. Mit guter Planung und professioneller Beratung lassen sich so rechtliche Anforderungen, wirtschaftliche Vorteile und persönlicher Nutzen optimal verbinden.